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ag_eulen:ehrungen:portraits:1926_otto_diehl

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ag_eulen:ehrungen:portraits:1926_otto_diehl [2014/04/14 17:15]
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ag_eulen:ehrungen:portraits:1926_otto_diehl [2020/05/10 00:54]
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-~~TOOLS:​off~~ ~~NOTOC~~ 
-<​smallcaps on> 
-**Portrait** 
-====== Otto Diehl ====== 
  
-{{:​ag_eulen:​ehrungen:​portraits:​otto_diehl.png |}}OTTO DIEHL wurde am 11. Juni 1926 
-in Langstadt, heute ein Ortsteil von 
-Babenhausen in Südhessen, als Jüngster von 3 Geschwistern geboren. 
-Nach Schulzeit und Ausbildung auf 
-einer Finanzschule kam er als 17-jähriger zum Militär und geriet im 
-November 1944 in den Vogesen in 
-Kriegsgefangenschaft. Erst beim dritten Fluchtversuch kam er durch und 
-erreichte im März 1948 seinen Heimatort. 
- 
-Jetzt suchte er die lange vermisste 
-Freiheit in Wald und Flur. Er wurde 
-zum Waldläufer,​ Spurenleser,​ Naturerkunder. Alles interessierte ihn, und 
-dabei zeigte sich seine Ausdauer. Tagelang saß er in seinem Versteck und 
-beobachtete die Brutwand mit dem 
-damals letzten Wanderfalkenpaar im 
-Altkreis Dieburg, oder er verharrte 
-vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung im Baumversteck vor 
-dem Sperberhorst,​ um das Horstgeschehen den ganzen Tag über hautnah mitzuerleben. 
- 
-Seine Beobachtungen hielt OTTO 
-DIEHL mit der Kamera fest und versuchte, die Tierfotografie zu seinem 
-Beruf zu machen. Er verstand es, die 
-Wirkung eines Bildes durch die Wahl 
-des Ausschnittes zu verstärken und 
-das Atmosphärische eines Motivs zu 
-betonen. Die Veröffentlichung seiner 
-Dachsfotos in der Frankfurter Illustrierten brachte die erste größere 
-finanzielle Anerkennung. Insgesamt 
-waren die Bildhonorare so niedrig, 
-dass ein Auskommen nur bedingt 
-möglich war. Zudem wurden von den 
-Redaktionen oft „frisierte Volierenaufnahmen“ bevorzugt. Zwei Operationen gaben schließlich den Ausschlag für die berufliche Neu-Orientierung. Im Juli 1960 erfolgte die 
-Anstellung als Industriekaufmann 
-beim Resopal-Werk in Groß-Umstadt. Als Leiter der Abteilung „Resopal-Unterdruck“ hatte OTTO DIEHL 
-ständige Kontakte mit Malern, Graphikern, Fotografen, Druckern und 
-Architekten. Es ging um die Herstellung von künstlerisch graphischen 
-Originalarbeiten auf Spezialmaterial 
-und deren Einbettung in Resopal. 
-Dabei kamen ihm sein Kunstsinn und 
-seine fotografische Praxis zugute. 
-Während der Tätigkeit bei Resopal 
-bis zum Übergang in den Ruhestand 
-1991 hatte OTTO DIEHL viele Naturschutztermine während der Arbeitszeit wahrzunehmen,​ die von der Betriebsleitung wohlwollend akzeptiert 
-wurden. 
- 
-Im Jahr 1961 heiratete OTTO DIEHL. 
-Mit seiner Frau MARTHA hat er zwei 
-Söhne und eine Tochter. Zwei Enkelkinder sind inzwischen noch dazugekommen. 
- 
-Aus der Beobachtung der Vorgänge 
-in der Natur erkannte OTTO DIEHL 
-schon früh die Verletzlichkeit der 
-Natur, und er wollte seine Kenntnisse 
-nicht nur für sich behalten. In vielen 
-Vorträgen verstand er es bis heute 
-meisterhaft,​ seine Zuhörer an seinen 
-Erlebnissen und Beobachtungen teilhaben zu lassen. Ihm war daran gelegen, auch andere für die Natur zu begeistern und vor allem um Unterstützung zu werben. Am 1. März 
-1958 gründete er die Langstädter 
-Gruppe im damaligen Bund für Vogelschutz (heute _NABU), deren Vorsitz er 50 Jahre (!) lang inne hatte. 
-Die Mitgliederzahl in dem kleinen 
-Ort ist unter seiner Führung von 7 
-auf 120 gewachsen. Immer auf der 
-Suche nach neuen Wegen, informierte OTTO DIEHL mit einem bebilderten 
-Kalender statt mit der üblichen Vereinschronik über wichtige Projekte 
-während der 50-jährigen erfolgreichen Naturschutzarbeit in Langstadt. 
-Die Ausweisung des „Wingertsbergs“ bei Langstadt als Landschaftsschutzgebiet ist ein wichtiger 
-Mosaikstein beim Schutz des Steinkauzes. Ein mit Streuobst bestandener ehemaliger Weinberg, im Baumbestand schon stark ausgedünnt,​ wurde wiederbelebt. OTTO DIEHL begnügte sich nicht mit Anreizen für 
-die Ergänzung und Pflege der Baumbestände durch Privatbesitzer. Auf 
-3,5 ha für den Naturschutz erworbenen Flächen wurde in eigener Regie 
-die Regeneration vorangetrieben,​ mit 
-Pflanzung und Pflege der Obstbäume, Hecken- und Grünlandpflege in 
-Zusammenarbeit mit örtlichen Landwirten. Ein Anliegen ist es OTTO 
-DIEHL eben auch, solche Naturschutzflächen als Teil der Kulturlandschaft zu begreifen und landwirtschaftlich zu nutzen. Er ist stolz dar- 
-auf, dass der Grasaufwuchs vollständig als Viehfutter verwendet wird. 
-Nach der Gruppengründung in Langstadt war OTTO DIEHL an der Gründung des _NABU-Kreisverbandes 
-Dieburg beteiligt, den er über Jahrzehnte führte. Das Amt des Kreisbeauftragten für Vogelschutz im Altkreis Dieburg hatte er von 1969 bis 
-1999 inne. 
- 
-Besonders hervorzuheben ist aus dieser Zeit: \\  
-  * Die Erfassung der Totfunde von Greifvögeln und Eulen und die Ergründung der Todesursachen durch Untersuchungen beim staatlichen Veterinär-Untersuchungsamt Frankfurt/​Main,​ bei der Uni Gießen und vor allem bei der Klinik für Geflügelkrankheiten bei der Ludwig-Maximilians-Universität in Ober-Schleißheim bei München.Rund 450 Befunde liegen vor, die in den 1970er und 1980er Jahren noch erhebliche Belastungen durch Umweltgifte,​ krankhafte Veränderungen der inneren Organe, besonders von Leber und Niere, aufwiesen. 
-  * Die frühe Feststellung,​ dass größere Vögel, besonders Greifvögel und Eulen auf Mittelspannungs-Betonmasten mit Stützisolatoren sitzend, durch Stromschlag erheblich gefährdet sind. OTTO DIEHL erreichte beim regionalen Stromversorger,​ dass schon 1971 die gefährlichsten Leitungsstrecken durch Anbringung von Plastikzangen entschärft wurden. Die Plastikzangen,​ die nicht den optimalen Schutz boten, sind mittlerweile durch Abdeckhauben ersetzt worden. 
-  * Die Eröffnung des „Sonderkontos Naturschutz im Altkreis Dieburg“, das durch seine geschickte Akquisition nach allen Seiten wuchs, machte den Ankauf von 65 ha Naturschutzeigentum sowie die Finanzierung vieler Naturschutzmaßnahmen möglich. 
- 
-OTTO DIEHL erkannte bald, dass die 
-Natur nicht nur starke Fürsprecher 
-braucht, sondern auch Leute, die 
-etwas anpacken. Dies galt für ihn 
-auch beim Wanderfalken. Er arbeitete eng mit der Aktion Wanderfalken- und Uhuschutz und der 
-Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz in Baden-Württemberg zusammen und ermöglichte mit vielen 
-Horstbewachungsaktionen in Frankreich und Baden-Württemberg so 
-manchem Jungfalken das Ausfliegen. 
- 
-OTTO DIEHL wurde am 20. Juni 1978 
-Mitglied bei der _AG Eulen und war 
-von 1983 bis 2003 deren Landesvertreter für Hessen. 1987 organisierte er die Jahrestagung der _AG Eulen 
-in Dieburg und 1989 war er Mitorganisator der Jahrestagung in Breuberg. 
-Beim Erfahrungsaustausch mit anderen Eulenspezialisten fiel ihm auf, 
-dass der Schleiereule oft viel zu kleine Brutkisten angeboten werden. Er 
-wies auf die Ammoniakkonzentration 
-in den kleinen Behältnissen hin und 
-kämpft vehement für die Einrichtung 
-größerer Bruträume, z. B. Bretterverschläge auf Kirchenböden,​ die er 
-„Eulenstuben“ nennt, die zwar mehr 
-Material und mehr Einrichtungszeit 
-erfordern, aber den Jungeulen eine 
-artgemäße Entwicklung ermöglichen 
-und bei weitem nicht so oft gewartet 
-werden müssen wie die kleinen 
-Kistchen mit einer Bodenfläche von 
-nur 0,5 m². Er meint, dass Maßnahmen erst dann zum Artenschutz werden, wenn die Bedürfnisse der Schützlinge weitgehend berücksichtigt sind. 
-Er wurde 1969 Mitglied bei der 
-Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (_HGON) und 
-1972 Leiter des Arbeitskreises Dieburg mit Sitz im Gesamtvorstand. 
-Auch heute noch ist er als Vorstandsmitglied ständiger Mitarbeiter der 
-_HGON. 
- 
-In den 1960er Jahren ging der Steinkauz-Bestand im Altkreis Dieburg 
-auf weniger als ein Fünftel zurück 
-(von 150 auf < 20). Als Hauptgrund 
-ist der Lebensraumverlust durch Bebauung und Rodung anzusehen – gefördert durch Rodungsprämien und 
-Flurbereinigung. Im Altkreis Dieburg 
-gingen über 80% der Obstbäume 
-durch Rodung verloren. Dies hat 
-OTTO DIEHL nicht hingenommen und 
-als Kreisbeauftragter für Vogelschutz 
-eine Hochstamm-Pflanzaktion ins 
-Leben gerufen, die inzwischen zur 
-Pflanzung mehrerer Tausend Obstbäume geführt hat. Auch 2010 wurden wieder knapp 600 Bäume über 
-die Obstbaum-Pflanzaktion im Altkreis Dieburg gepflanzt. 
- 
-Bei diesem Engagement für die Natur bleibt es nicht aus, dass bestimmte Arten eine besondere Bedeutung 
-für den Akteur erlangen. Bei OTTO 
-DIEHL kommen gleich mehrere Vogelarten in Frage. Mit Schleiereule,​ 
-Steinkauz, Uhu, Ziegenmelker,​ Wanderfalke,​ Brachvogel und Uferschwalbe hat er sich intensiv befasst 
-und sie in besonderer Weise und über 
-lange Zeiträume hinweg beobachtet. 
-Für die Schleiereule beispielsweise 
-begann er 1971 mit der systematischen Erfassung der Bestände im 
-Altkreis Dieburg und führte diese 
-Kontrollen bis ins hohe Alter fort – 
-bis zu seinem Unfall 2006. 
- 
-Als Spezialist für die Schleiereule 
-wurde er von verschiedenen Zoologischen Gärten um Hilfe bei der Auswilderung von Nachzuchten gebeten 
-(Zool. Gärten Berlin, Frankfurt, Zürich und Vivarium Darmstadt). OTTO 
-DIEHL sorgte in seiner Auswilderungsvoliere dafür, dass die flüggen 
-Schleiereulen den natürlichen Nahrungserwerb üben konnten. So waren 
-die Vögel bestmöglich vorbereitet,​ 
-wenn sich die Tür in die Freiheit für 
-sie öffnete. Die Voliere war auch 
-sonst kaum einmal unbesetzt. Die 
-meiste Zeit wurden hilfsbedürftig 
-aufgefundene Greifvögel und Eulen 
-darin gepflegt. Besonders über die 
-Wintermonate und in der Bettelflugphase der Greifvögel erreichte die 
-Belegung oftmals die Kapazitätsgrenze. In seiner staatlich anerkannten Greifvogel-Pflegestation hat 
-OTTO DIEHL im Laufe der Jahrzehnte 
-hunderte verletzter Greifvögel und 
-Eulen aufgenommen und nach entsprechender Gesundung wieder ausgewildert. Dabei wurde er tatkräftig 
-von seiner Frau MARTHA unterstützt,​ 
-die nicht nur für den Einkauf der 
-„Patienten-Schnitzel“ sorgte, sondern 
-hierfür auch eine Mäusezucht betrieb. 
- 
-Von besonderem Wert ist das Engagement OTTO DIEHLs auch dort, wo 
-nicht der unmittelbare Kontakt mit 
-der Natur die Arbeit bestimmt, sondern der Naturschutz Büroarbeit erfordert. Mit der Forderung nach der 
-Ausweisung von Naturschutzgebieten lieferte OTTO DIEHL stets auch 
-die notwendigen fachlichen Unterlagen und Argumente. Ob es sich um 
-Feuchtwiesen mit botanischen Raritäten, ehemalige Steinbrüche mit 
-Wanderfalken- oder Uhubruten, oder 
-das älteste Naturschutzgebiet im 
-Altkreis Dieburg, das _NSG „Reinheimer Teich“ handelt: Alle Naturschutzgebiete im Altkreis Dieburg 
-gehen auf seine beharrliche Arbeit 
-zurück. Mit der gleichen Ausdauer 
-arbeitet OTTO DIEHL an den Stellungnahmen im Arbeitskreis der „§ 29- 
-Verbände“ zu Bebauungs- und sonstigen Planungen. Auch heute noch 
-sitzt er viele Nachtstunden in seinem 
-Arbeitszimmer,​ um Stellungnahmen 
-zu formulieren und Naturschutzinitiativen zum Erfolg zu verhelfen. 
- 
-Das Engagement von OTTO DIEHL 
-wurde inzwischen vielfach gewürdigt 
-und auch ausgezeichnet. Hier sollen 
-nur die Verleihung des Willy-Bauer-Preises 1998 und des Bundesverdienstkreuzes am Band 1999 erwähnt 
-werden. 
- 
-Für die Natur, besonders für die Avifauna in Südhessen, ist es ein Segen, 
-dass sich OTTO DIEHL seit vielen 
-Jahrzehnten sehr intensiv für den 
-Naturschutz engagiert. Danke! 
- 
-In mehreren Fachzeitschriften hat 
-OTTO DIEHL über 20 Artikel zur 
-Schleiereule und anderen Eulen 
-verfasst und für die Avifauna von 
-Hessen die Artkapitel Waldkauz und 
-Schleiereule geschrieben. 
- 
-;;# 
-Klaus Hillerich, 
-mit freundlicher Unterstützung durch 
-Dirk Alexander Diehl, 2011 im Eulen-Rundblick 61: 148 
-;;#  
- 
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