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Sperbereule

Surnia ulula

Text von Karl-Heinz Graef
Überarbeitung und Aktualisierung Dr. Wolfgang Scherzinger, Dez. 2021

Merkmale

Sperbereule auf Ast sitzend
Sperbereule auf Ast sitzend

Die Sperbereule weicht in ihrem Habitus vom typischen Bild einer Eule deutlich ab; als durchaus tagaktivem Jäger fehlen ihr sowohl ein flauschig-weiches Gefieder wie auch ein „lautloser“ Flug. Unter den kräftigen Brauen wirkt der stechende Blick der kleinen, hellgelben Augen jedenfalls Greifvogel-artig. Dieser Eindruck wird durch die kontrastreiche Sperberung des Brust- und Bauchgefieders noch verstärkt (die für diese schlanke Eule Namen-gebend war). Die Oberseite ist schwarzbraun mit weißlichen Flecken, ebenso die flache Stirn mit dichter, weißer Tüpfelung. Kennzeichnend ist weiters die breite, schwärzliche Einfassung des weißen Gesichtsschleiers, der sich unter dem hornfarbenen Schnabel als breiter Kinnlatz fortsetzt. Mit diesem weißen Feld, das bei Erregung maximal gespreizt wird, kontrastiert ein schwarzer Kinnfleck unter dem Schnabel, der beim Singen signalhaft präsentiert wird. Die Greifvogel-artige Silhouette wird durch den langen Schwanz noch verstärkt; er weist 8-10 weiße Querbinden auf und wird bei Erregung in steilem Winkel gestelzt. Der zügig rudernde oder steif segelnde Flug ist rasant, kraftvoll und geräuschhaft. Dabei kommen der keilförmige Schwanz und die relativ kurzen, zugespitzten Flügel deutlich zur Geltung. - Sperbereulen-Nestlinge entwickeln ein vom Altvogelgefieder abweichendes Jugendkleid, mit dunkler Gesichtsmaske und fein melierten Dunen an Kopf und Vorderseite.

Fortpflanzung

Sperbereule Ästling
Sperbereule Ästling

Die Balz findet bei noch meist winterlichen Verhältnissen etwa zwischen Anfang März bis Mitte April statt. Von exponierten Singwarten trägt das Männchen seinen weichen, anhaltend kullernden Reviergesang vor. Die meist hektischen Begegnungen der Paarpartner werden von grellen Erregungstrillern begleitet, unter Schwanzstelzen werden die schwarze Schleiereinfassung wie auch die weißen Abzeichen an Hinterkopf und Kehle präsentiert.

Sperbereulen brüten in monogamer Saisonehe, Als Brutplatz nutzen sie bevorzugt größere Aushöhlungen gebrochener oder angemorschter Bäume. Selbst alte Schwarzspechthöhlen, ausgebrochene Astgabeln oder Reisighorste von Greif- und Rabenvögeln können als Brutplatz herhalten, wenn für die Nestlinge auch oft sehr beengend. Legebeginn im Borealwald Anfang April bis Mitte Mai, selbst bei noch winterlichen Verhältnissen. Das Weibchen legt in Abständen von 1-2 Tagen 5-8 weiße Eier (in Gradationsjahren der Wühlmäuse bis zu 13 Eier). Die Bebrütung setzt mit dem erst-gelegten Ei ein und dauert etwa 28-29 (30) Tage. Entsprechend dem Lege-Intervall schlüpfen auch die Jungen im 1-2 Tage Abstand, was zu erheblichem Altersunterschied innerhalb der Nestgeschwister führt. Alter und Entwicklungsstadium beim Verlassen des Nestes in Abhängigkeit zum Brutplatz-Typ: 3-4 Wochen bei offenen Nestern ohne Wetterschutz; bis zu 5 Wochen bei geräumigen und schützenden Baumhöhlen. In diesem Alter gelingen den Ästlingen schon kurze Flugstrecken. Nach Rückzug des Weibchens übernimmt allein das Männchen die Beutebeschaffung. Mit etwa 90-100 Tagen sind die Jungen selbständig, und die Familienbindung geht verloren.

Lebensraum

Die Sperbereule bewohnt bevorzugt stark aufgelichtete und durch Moore, Brandflächen oder Kahlschläge durchbrochene Wälder der nordischen Taiga. In Norwegen, Schweden, Finnland und im Norden des Europ. Russland ist sie in alten und lichten Zirben-, Kiefern-, Fichten-, Lärchen- und Birkenwäldern zu finden, seltener auch in Mischwäldern. Für den Brutbiotop ist eine Verschneidung von lockerem Baumbestand (mit höhlenreichen Altbäumen, ausgemorschten Baumstümpfen oder alten Krähen- und Elsternnester) mit offenen Flächen, auf denen Mäuse in höherer Dichte und besserer Erreichbarkeit erbeutet werden können charakteristisch (wie z.B. Hochmoore, Sturm- und Brandflächen, aber auch große Kahlschläge). In außergewöhnlich strengen Wintern weichen Sperbereulen oft weit nach Süden aus, und überwintern dann in der offenen Agrarlandschaft mit Hecken, Feldgehölzen oder markanten Einzelbäumen als Jagdwarte.

Nahrung

Die Sperbereule ist hauptsächlich tagaktiv, jagt aber auch noch in der Dämmerung. Die Nahrung besteht fast ausschließlich aus Wühlmäusen und hier hauptsächlich Rötelmäuse. Zur Brutzeit können diese 96% der Beute ausmachen. Außerhalb der Brutzeit und hier vor allem im Winter werden auch verschiedene kleinere Vogelarten bis zur Größe einer Drossel oder sogar eines Schnee- oder Haselhuhns erbeutet und auch vermehrt Spitzmäuse. Lemminge werden dagegen eher selten erbeutet.

Gefährdung

Sehr bedrohlich sind die Veränderungen in ihrem Lebensraum, die die moderne Forstwirtschaft leider oft mit sich bringt. So dürfen aktuell, in der Mitte abgebrochene Stämme, die auch häufig und sehr gerne als Brutplätze genutzt werden, nicht mehr stehen gelassen werden.

Schutzmaßnahmen

Die wichtigste Schutzmaßnahme ist die Erhaltung und Schaffung von geeigneten Lebensräumen mit höhlenreichen Altbäumen. Der Schutz von bekannten Brutbäumen ist enorm wichtig, da angebotene Nistkästen nur sehr selten zur Brut angenommen werden.

euleninfos/eulenarten/sperbereule.1638823011.txt.gz · Zuletzt geändert: 2021/12/06 21:36 von ppeterman