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Portrait

Hans Mohr (1933-2021)

Verdienter Schleiereulenschützer aus Rupertshofen

Schon von Kindesbeinen an war HANS MOHR ein begeisterter Vogelschützer. In seinem Elternhaus züchtete er bereits als Schüler Vögel, und für einen, der Tiere liebt, liegt der Schritt vom Züchter zum Vogelschützer sehr nahe. So war er bereits 1967 an der Gründung des Vogelschutz- und Zuchtvereins „Canaria„ in Ertingen beteiligt und begann gemeinsam mit Gleichgesinnten, Nisthilfen für Höhlenbrüter anzufertigen und aufzustellen. Dabei kamen dem damals 34-Jährigen seine beruflichen Kenntnisse zugute. Als Schreinermeister war er prädestiniert, ausgeklügelte Baupläne für vor Nesträubern sichere Brutstätten zu entwerfen und die Nistkästen auch in großer Stückzahl in seiner Werkstatt in Rupertshofen zu zimmern. Wie viele insgesamt in einem Zeitraum von über 45 Jahren entstanden sind, ist nicht mehr genau zu beziffern, denn zu den künstlichen Schwalbennestern, Turmfalkenkästen und Nisthilfen für Dohle, Wald- und Steinkauz sowie Mauersegler kamen allein 2.355 Nistkästen für die Schleiereule. Diese speziellen Nisthilfen waren durchnummeriert, denn seit 1977 lag HANS MOHR der Schutz dieser bedrohten Eulenart besonders am Herzen.

Nach dem „sibirischen Winter“ 1962/63 war die Schleiereule in Süddeutschland weitgehend verschwunden, gebietsweise fehlte sie völlig. Im Jahr 1977 war die Schleiereule daher auch zum „Vogel des Jahres„ gewählt worden, und im selben Jahr wurden von HANS MOHR und seinen Helfern die ersten zehn Nisthilfen für diese interessante Vogelart im Raum Bad Buchau und Marbach/Saulgau angebracht. Bald danach konnten wieder erste Schleiereulenbruten festgestellt werden. In den darauf folgenden Jahren wurden von einem Mitarbeiterteam unter dem Namen „Arbeitsgemeinschaft Naturschutz - Lkr. Biberach“ nach und nach weitere Nistkästen um den Federsee zwischen Sigmaringen, Biberach, Ehingen und Umgebung auf einer Fläche von insgesamt 6.600 km2 ausgebracht, und es erfolgte unvorhergesehen eine dichte Besiedelung mit fast 500 Paaren.

In Zusammenarbeit mit der Vogelwarte Radolfzell wurde daraufhin das „Forschungsprojekt Schleiereule in Oberschwaben„ als eine Langzeitstudie gestartet, allerdings auf einer auf 660 km2 begrenzten, überschaubaren Fläche um Herbertingen (SIG).

Auf dieser Probefläche wurden 1998 maximal 48 Paare Schleiereulen festgestellt, und im Zeitraum 1977-2006 flogen etwa 3.500 Jungvögel aus. In diesem Planberingungsprogramm wurden über 3.000 Schleiereulen von R. MACHE und K. GELDER beringt. Neben aufschlussreichen Befunden zur Populationsdynamik wurden auch recht interessante Wiederfunde getätigt: so eine 27 Jahre alte Schleiereule oder der Fernfund einer Jungeule in England, die in nur sechs Monaten rund 1.000 km zurückgelegt hatte!

Die Vogelschutzaktivitäten von HANS MOHR erschöpften sich nicht im Nistkastenbau, er leistete auch Beachtliches in der Öffentlichkeitsarbeit. So gab er sein Wissen über Natur- und Artenschutz weiter, und hielt Vorträge nicht nur in Oberschwaben, sondern auch in Biberachs italienischer Partnerstadt Asti. Eine große Unterstützung für seine Öffentlichkeitsarbeit bildete der mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnete Film „Rückkehr der Schleiereule“, der nur aufgrund der Erfahrungen HANS MOHRs von H. BARTH in Oberschwaben gedreht werden konnte. Mit seinem Nistkastenprogramm beteiligte sich HANS MOHR an verschiedensten in- und ausländischen Veranstaltungen, so in Kundl und Innsbruck/Österreich oder auf dem Internationalen Schleiereulenkongress 1994 in Leuven/Belgien. Seine mit finanzieller Unterstützung des BNA verlegte Naturschutz-Werbebroschüre „Unsere Schleiereule - Schutz und Hilfe für eine bedrohte Art„ fand großen Anklang nicht nur in Deutschland, auch in Italien und der Schweiz, selbst aus Brasilien kamen Anfragen. Inzwischen ist die gesamte Auflage vergriffen. Auf Anfrage aber versendet MOHR immer noch Bauanleitungen und Einbauempfehlungen für Schleiereulenkästen und Niströhren für verschiedene Kauzarten.

Für sein unermüdliches Engagement im Natur- und Artenschutz hat HANS MOHR bereits zahlreiche Auszeichnungen bekommen, darunter 1983 den Hauptpreis für Naturschutz in Baden-Württemberg, 1985 den Bundesnaturschutzpreis, 1991 das Bundesverdienstkreuz und 2011 den Deutschen Engagementpreis. Besonders stolz ist er aber auf die Einstufung seiner Aktion „Rettet die Schleiereule“ durch wissenschaftliche Mitarbeiter der Vogelwarte Radolfzell als weltweit erfolgreichste Eulenschutzaktivität.

Seit einem Schlaganfall 2014 waren seine Kräfte zwar eingeschränkt, doch der Naturschutz und dessen Propagierung blieben nach wie vor seine grundlegende Lebenseinstellung. Dazu gehörte seit langem auch sein Einsatz für einen wirkungsvollen Biotopschutz in unserer immer stärker ausgeräumten Agrarlandschaft.

Jochen Wiesner, 2017 im Eulen-Rundblick 67: 106 (leicht verändert)

HANS MOHR starb 2021. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen e. V. erinnert sich dankbar seiner beachtlichen Erfolge im Natur- und Artenschutz.

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ag_eulen/ehrungen/portraits/1933_hans_mohr.txt · Zuletzt geändert: 2021/12/08 01:04 von ppeterman